Die Kunst des Schreibens
III. Der Schreiber
Bereits in der Antike gab es den Beruf des Schreibers, der im Kopieren von Texten bestand. Im Mittelalter wurden Manuskripte bis ca. ins 12. Jahrhundert hinein in Klöstern angefertigt. In speziell zu diesem Zweck eingerichteten Räumen, den sogenannten Skriptorien, beschäftigten sich die vom Abt bestimmten Ordensbrüder mit der Erstellung von Kodizen. Sie spezialisierten sich je nach Fähigkeiten und Erfahrung auf verschiedene Arbeitsbereiche. Es gab also Kalligrafen, die erfahrensten und geschicktesten Schreiber, einfache Kopisten, die erst die Kunst des Schreibens erlernten, und Ordensbrüder, die für die Ausschmückung der Bücher zuständig waren – Miniaturisten, Illuminatoren und Rubrikatoren.
Der Miniaturist fertigte die wichtigsten Elemente des Buchschmucks an, hauptsächlich ausgedehnte, detailreiche Figurenbilder. Der Illuminator war für weniger anspruchsvolle Elemente wie Initialen und Ornamente an den Seitenrändern zuständig. Der Rubrikator schrieb ausgewählte Textabschnitte in einer anderen Farbe nieder, zumeist in Rot (lat. rubricare – rot anmalen). Auf diese Weise wurden bestimmte Stellen im Text hervorgehoben. Mehr Informationen zur Ausschmückung von Manuskripten finden Sie im Kapitel Buchschmuck.
Im Laufe der Zeit (in Polen war es Anfang des 15. Jahrhunderts) bildete sich eine Gruppe von Berufsschreibern heraus, die ihren Lebensunterhalt mit dem Kopieren von Texten verdienten, die jedoch aufgrund der zunehmenden Verbreitung der Drucktechnik keine wesentliche Bedeutung gewinnen konnten.
Schreiber gab es in Herrscherhäusern (in herzoglichen und königlichen Kanzleien), in Dom- und Stiftskirchen, im Umfeld der Reichen und Mächtigen. Anfangs waren die Schreiber ausschließlich Geistliche, später gesellten sich auch Laien dazu.
In der königlichen Kanzlei arbeiteten: der Kanzleileiter, der Unterkanzler, Sekretäre, Notare, Schreiber und Hilfspersonal, die sogenannten Kopisten.
Auch in Stadtkanzleien – Ämtern, die Aufzeichnungen über die Aktivitäten der städtischen Behörden führten – waren Schreiber tätig. Die Anzahl und der Bildungsstand des Kanzleipersonals hingen vom Vermögen und Bedarf der jeweiligen Stadt ab.
Einfache Kopisten unternahmen selten Versuche, ihr künstlerisches Können unter Beweis zu stellen – wahrscheinlich aus Zeitmangel, da es im Zusammenhang mit der Arbeit der städtischen Behörden immer sehr viel zu schreiben gab. Trotzdem passierte es manchmal, dass der Schreiber sich auch als Illustrator und nicht selten sogar als Miniaturist zu erkennen gab und das Stadtbuch mit eigenen Zeichnungen oder (häufiger) mit kunstvollen Initialen, Überschriften oder Schnörkeln ausschmückte.
Grundsätzlich verblieben die Schreiber anonym, manchmal hinterließen sie jedoch ihre „Unterschrift“ in Form einer Notiz am Ende des Manuskripts, des sogenannten Kolophons, das außer dem Fertigstellungsdatum auch den Namen und in Einzelfällen sogar die Funktion des Schreibers enthielt.