Glossar
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Abbreviationszeichen
Auch bekannt als Abkürzungszeichen; feststehende grafische Symbole, die zum Aufschreiben bestimmter Wörter oder Buchstabengruppen dienen und Wortkürzungssysteme bilden. Da sie im Mittelalter besonders häufig verwendet wurden, ist ihre Kenntnis unabdingbar, um Texte aus dieser Epoche lesen zu können.
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Abbreviatur
Die Art, Wörter zu kürzen (lat. abbreviare – kürzen); Abkürzung. Es gibt mehrere Varianten von Abbreviaturen:
- durch Weglassen (siehe Suspension),
- durch Zusammenziehen (siehe Kontraktion),
- durch Überschreiben von einzelnen oder mehreren Buchstaben,
- durch feststehende Abkürzungszeichen.
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Beschlag
Metallteile auf dem Buchumschlag, z. B. Buchecken, Ketten, verschiedene Schließen und Klammern, Buckel und Bleche. Sie schützten den Buchblock vor Schäden und Abnutzungen und erleichterten das Verschließen. Die zierlich gravierten, phantasievoll geformten Beschläge dienten auch häufig als Buchschmuck. Siehe Einband.
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Brachygrafie
Eine Wissenschaft, die sich mit den Wortkürzungssystemen in alten Schriften befasst. Die Kunst, Wörter abzukürzen (Abbreviatur) war bereits in der Antike bekannt, doch sie verbreitete sich hauptsächlich im Mittelalter. Abbreviaturen ermöglichten nicht nur schnelleres, sondern auch platzsparendes Schreiben und somit die effektivere Nutzung der Beschreibstoffe (insbesondere des kostbaren Pergaments).
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Charta italica
Eine Pergamentsorte, das sogenannte „südliche“ Pergament. Es wurde aus Lamm-, Schafs- oder Ziegenhaut hergestellt. Der feine und zarte Stoff wurde nur auf einer Seite gegerbt, geglättet und gekreidet und wurde ausschließlich auf dieser Seite beschrieben. Siehe Pergament.
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Charta theutonica
Eine Pergamentsorte, das sogenannte „nördliche“ Pergament. Es wurde aus grober Kalbshaut hergestellt und beidseitig gegerbt, so dass beide Seiten beschrieben werden konnten. Siehe Pergament.
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Einband
Die äußere Hülle, die den Buchblock umschließt. Sie wurde aus Textilgewebe, Leder, Pappe, Papier o. Ä. hergestellt und diente dem Schutz und Schmuck des Buches. Mehr zum Thema Einbände finden Sie hier: Die Kunst des Schreibens: Einbände.
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Epigraphik
Eine Wissenschaft, die sich mit Schriften in harten Materialien wie Holz, Stein und Metall befasst. Sie erforscht hauptsächlich Inschriften auf Denkmälern und Grabsteinen.
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Explicit
Eine Schlussformel, die in alten Schriften anzutreffen ist und das Ende der Schrift oder eines Teils davon bedeutet. Nach dem Wort explicit (lat. explicare - abschließen, beenden) folgte meistens der Titel der Schrift. Siehe Incipit, Kolophon.
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Feder(kiel)
Ein Schreibgerät, das zum Schreiben auf Papyrus, Pergament und Papier verwendet wurde. Im Mittelalter und in den nachfolgenden Epochen wurden zu diesem Zweck hauptsächlich Vogelfedern (Schwanen- und Gänsefedern) verwendet. Die Feder wurde mit einem speziellen, sehr scharfen Messer schräg zugeschnitten. Von der Präzision des Schnitts hing der Schriftfluss ab.
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Filigrane
Auch bekannt als Wasserzeichen; ein im Büttenpapier eingeprägtes, grafisches Zeichen, das zur Identifizierung der Papiermühle diente. Das Zeichen war in das Schöpfsieb eingearbeitet, mit dem der Papierbrei geschöpft wurde, und hinterließ eine dünnere, hellere Stelle, die sich am besten erkennen ließ, wenn das fertige Papier gegen das Licht gehalten wurde. Mithilfe der Filigrane können das Alter und der Herkunftsort des Papiers ungefähr bestimmt werden.
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Fleuronné
Ein pflanzliches Ornament, das eine Initiale, einen Seitenrand oder einen größeren Seitenabschnitt ausfüllt.
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Foliierung
Die Bezifferung der Blätter eines Manuskripts. Sie verbreitete sich im 13. Jahrhundert und wurde anfangs in römischen, später in arabischen Zahlen aufgeschrieben. Der Begriff wird in der modernen Archivkunde weiterhin verwendet. Siehe Paginierung.
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Incipit
Die ersten Worte eines mittelalterlichen Buches. Der Name des Autors und der Titel des Werks folgten zumeist nach dem Wort incipit (lat. incipere - anfangen, beginnen). Siehe Explicit, Kolophon.
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Initiale
Der erste Buchstabe eines Absatzes, der sich durch seine Form, Größe, Farbe oder Ausschmückung von den anderen Buchstaben unterscheidet. Das Wort „Initiale“ stammt von dem lateinischen Begriff initium (Anfang) ab. Es gibt sogenannte bewohnte Initialen (die mit Menschengestalten oder ganzen Sittenbildern gefüllt sind) und Zierinitialen (die mit geometrischen Ornamenten, Pflanzen- oder Tiermotiven gefüllt sind).
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Inkunabeln
Das Wort stammt aus dem Lateinischen (in cunabulis - in der Wiege) und steht für die ältesten erhaltenen Druckschriften, die sogenannten Wiegendrucke. Die ersten Drucker versuchten, handgeschriebene Bücher nachzuahmen, daher weisen diese Frühdrucke viele Gemeinsamkeiten mit Manuskripten auf, z. B. die Schriftart oder den Buchschmuck.
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Kalligrafie
Die Kunst des schönen und deutlichen, nicht selten sogar kunstvollen Schreibens. In Polen wurde sie bereits von der Kommission für nationale Bildung als Pflichtschulfach eingeführt. Das Erlernen der Kalligrafie durch mühsame Aufgaben sollte bei den Schülern Geduld und Genauigkeit fördern.
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Kolophon
Eine Notiz am Ende des Manuskripts, die manchmal von mittelalterlichen Schreibern erstellt wurde. Sie umfasste das Explicit, das Datum der Fertigstellung und Angaben zu dem Schreiber selbst (seinen Namen, manchmal auch seine Funktion). In einigen Fällen enthält das Kolophon auch individuelle Reflexionen des Schreibers, Bitten um Gebet, Zauberformeln gegen Buchdiebe oder eine scherzhafte Aufforderung zur Zahlung für die vollbrachte Arbeit. Das Kolophon ist eine Weiterentwicklung das deutlich knapperen Explicits.
Siehe Explicit, Incipit. -
Kontraktion
Eine Form der Wortkürzung, in der die Buchstaben „zusammengezogen“ werden. Aufgeschrieben werden nur die Anfangs- und die Endbuchstaben des Wortes, die Buchstaben aus der Wortmitte werden entweder ausgelassen (Dr. – Doktor) oder nur vereinzelt aufgeführt (Mgr. – Magister).
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Kustode
Die Markierung der Reihenfolge von Lagen in einem Buch mithilfe römischer oder arabischer Zahlen. Kustoden (lat. custos - Wächter) oder auch Blatthüter wurden meistens im unteren Teil des letzten Blattes der Lage gesetzt. Siehe Lage.
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Lage
Ein Druckbogen in einem Buch, der sich aus einer bestimmten Anzahl an Blättern zusammensetzt. Heutzutage umfasst eine Lage üblicherweise 16 Seiten. In den mittelalterlichen Manuskripten konnte eine beliebige Anzahl (meistens 5-6) an Doppelblättern eine Lage bilden, es wurde hauptsächlich darauf geachtet, dass die Lage nicht zu breit wurde. Die Lagen wurden mithilfe von Kustoden nummeriert und mit Reklamanten versehen, damit sie in der richtigen Reihenfolge zu einem Buch zusammengebunden werden konnten. Dieses Verfahren zur Druckvorbereitung wird heute noch angewandt. Siehe Kustode, Reklamante.
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Ligatur
Eine Verbindung von zwei benachbarten Buchstaben, die zur Änderung ihrer grafischen Form und somit häufig zur erschwerten Lesbarkeit führte. Das bis heute verwendete &-Zeichen ist in Wirklichkeit eine Ligatur der lateinischen Buchstaben „et“.
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Linierung
Das Verfahren, bei dem auf einen glatten Beschreibstoff gleichmäßig verteilte, parallele Linien aufgetragen wurden, die dem Schreiber das Schreiben erleichtern sollten. Meistens waren es horizontale Linien, die die Abstände zwischen den jeweiligen Zeilen bestimmten, manchmal wurden jedoch auch vertikale Linien aufgetragen, um die Breite der auszufüllenden Spalten zu markieren. Ursprünglich wurden diese Linien durch Einstiche an den Seitenrändern markiert, zwischen denen ein gerader Strich gezogen wurde - anfangs mit einem Stichel, dann mit einem bleiernen Griffel und später mit Tinte.
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Majuskel
Die großen Buchstaben des Alphabets. Eine Schriftart, in der alle Buchstaben gleich groß sind. In der Druckschrift werden Großbuchstaben auch als Versalien bezeichnet.
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Minuskel
Die kleinen Buchstaben des Alphabets. Eine Schriftart, in der die Buchstaben unterschiedlich groß sind.
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Paginierung
Die Bezifferung der Seiten eines Manuskripts. Sie verbreitete sich im 14. Jahrhundert und wurde anfangs in römischen, später in arabischen Zahlen aufgeschrieben. Der Begriff wird in der modernen Archivkunde weiterhin verwendet. Siehe Foliierung.
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Palimpsest
Auch bekannt als codex rescriptus; eine Schrift, die auf ein früher schon mal verwendetes Pergament nach der Entfernung der ursprünglichen Beschriftung aufgetragen wurde. Diese Praxis hing damit zusammen, dass das Pergament ein sehr kostspieliger Beschreibstoff war und deshalb oft mehrmals verwendet wurde. Die alte Beschriftung wurde mittels chemischer Methoden (z. B. durch Eintauchen in Milch, die die Tinte auflöste) oder durch mechanisches Abreiben entfernt. Wurden diese Maßnahmen nicht sorgfältig genug durchgeführt, lässt sich die ursprüngliche Schrift oft heute noch entziffern.
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Pergament
Der am weitesten verbreitete Beschreibstoff im Mittelalter; feine, speziell bearbeitete Tierhaut (meistens Schafs-, Kalbs- oder Ziegenhaut). Die Haut wurde eingeweicht, gegerbt und gereinigt, danach getrocknet und geglättet, manchmal auch gebleicht. In Europa wurden zwei Arten von Pergament hergestellt, das sogenannte „südliche“ Pergament (das in Italien, Spanien und Südfrankreich zum Einsatz kam) und das „nördliche“ Pergament (das in Deutschland, Polen, Ungarn, Skandinavien, Nordfrankreich und England verwendet wurde). Siehe Charta Theutonica, Charta Italica.
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Probatio pennae
Eine im Mittelalter weit verbreitete Praxis, bei der der Schreiber die Qualität des Federkiels ausprobierte. Solche Federproben wurden zumeist an den Seitenrändern oder auf den Innenseiten der Einbände ausgeführt.
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Rasur
Die Methode, Schreibfehler oder Schmutzflecken mit einem Messer vom Pergament wegzuschaben (lat. rasura - das Kratzen, radere - kratzen, entfernen). Eine solche Stelle wurde nachher mit Kreide oder Bims wieder geglättet.
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Reklamante
Die Markierung einer Lage im Buch durch das Notieren des Anfangswortes (oder eines Teiles davon) unter dem Text am Ende der vorherigen Lage. Zusammen mit der Kustode sollte dies die Beibehaltung der richtigen Lagenreihenfolge im Buch gewährleisten. Siehe Lage, Kustode.
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Suspension
Eine Form der Wortkürzung, bei der ein Teil des Wortes „weggelassen“ wird, z. B. Prof. – Professor.
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Tinte
Ein Schreibmittel, das zum Aufschreiben von Texten mithilfe eines Federkiels dient. Im Mittelalter war Tinte schwarz oder dunkelbraun. Hergestellt wurde sie aus Vitriolen, Kupfer und Pflanzengallen (Geschwülsten, die auf Baumblättern wachsen) unter Zugabe von Wasser, Gummiwasser, manchmal auch Bier, Wein oder Essig. Es hing von den Mengenverhältnissen der Zutaten ab, wie sehr die Tinte mit der Zeit verblassen würde. Dank den unterschiedlichen Tintenfarbtönen können heutzutage Abschnitte identifiziert werden, die den Texten im Nachhinein zugefügt wurden. Zum Verzieren von Schriftstücken wurden auch bunte Tinten angefertigt.
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Vellum
Das feinste und luxuriöseste Pergament, das aus der Haut von neugeborenen Lämmern oder Lammföten gewonnen wurde.
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Wasserzeichen
Siehe Filigrane.