Informationen zum Projekt

Das Projekt Alte Schrift des Nationalarchivs Krakau besteht seit 2013. Seitdem gibt es auch es die Website www.dawnepismo.ank.gov.pl. 2016 wurden weitere Funktionalitäten hinzugefügt (neue Sprachversionen sowie ein Newsletter) und das Layout geändert. Der Bau und Ausbau des Portals erfolgten mit der finanziellen Unterstützung des Generaldirektors der Polnischen Staatsarchive.

1. Wieso gibt es diese Website überhaupt?

Vor ein paar Jahren hatten wir die Idee, dieses Projekt ins Leben zu rufen. Damit wollten wir zur Verbreitung der Paläographie beitragen, einer Hilfswissenschaft der Geschichte, die heutzutage fast ausschließlich in Universitätshörsälen lebt. Andererseits haben wir auch die Bedürfnisse der heutigen Archivnutzer in Betracht gezogen. Immer häufiger kommen Personen zu uns, die keinerlei Erfahrung im Umgang mit Archivgut haben, sich aber vor die Aufgabe gestellt sehen, bestimmte Informationen in handschriftlichen Texten aus unterschiedlichen Epochen zu finden. Deshalb haben wir uns entschieden, eine Website zu erstellen, die solchen Personen hilft, alte Schreibschrift (besser) entziffern zu lernen. Gleichzeitig möchten wir über die Grenzen der Hilfswissenschaften der Geschichte hinausgehen und den Begriff „Paläographie“ in einen breiteren Kontext stellen. Unsere Welt verändert sich so schnell, dass die Fähigkeit, Schreibschrift zu lesen, schon bald eine Seltenheit werden könnte – und wir sprechen hier nicht nur von der alten Schrift. Daher wenden wir uns mit diesem Projekt an ein möglichst breites Publikum, nicht nur an professionelle Schriftforscher.

2. Wieso gerade wir?

Warum glauben wir, dass ausgerechnet Archivisten viel Spannendes zum Thema Paläographie beitragen können – vielleicht sogar mehr als Wissenschaftler, die sich mit diesem Thema befassen? Ganz einfach: weil wir in unserer Arbeit jeden Tag mit enormen Mengen an Archivgut zu tun haben und es uns daher am einfachsten fällt, daraus vielfältige Materialien zu bestimmten Themen auszusuchen und aufzubereiten. Diese Website soll kein Schulbuch werden; wir wollen inspirieren, nicht unterrichten. Diejenigen, die sich besonders für das Thema interessieren, finden hier aber auch Hinweise zur Fachliteratur.

3. Was enthält unsere Website?

Vor allem Aufgaben und Wortspiele. Sie dienen alle dem gleichen Zweck – unseren Nutzern vielfältige Übungen zum Entziffern alter Schreibschrift zur Verfügung zu stellen. Der Schwierigkeitsgrad kann individuell angepasst werden und bei den Aufgaben können Sie die Sprache und die Entstehungszeit der Urkunden, die Sie entziffern, selbst aussuchen. Einen etwas anderen Charakter hat das Virtuelle Skriptorium. Jeder kann hier seinen eigenen, beliebigen Text eingeben, der dann in der Schrift eines historischen Schreibers auf dem Bildschirm erscheint. Um die Buchstaben für das Virtuelle Skriptorium bereitzustellen, haben wir drei Originalurkunden aus verschiedenen Epochen bearbeitet. Daher sieht Ihr Text wirklich so aus, als wäre er vor langer Zeit mit einem Federkiel verfasst worden. Als Ergänzung der Buchstaben aus den Originaldokumenten dienen speziell angefertigte Buchstaben, die der „Buchstabenfälscher“ den Nutzern zur Verfügung stellt.

4. Woher stammen die Materialien auf der Website?

Das gesamte Archivgut, das sich auf dieser Website befindet, stammt aus den Sammlungen des Nationalarchivs Krakau.
Sämtliche Fotopräsentationen (arrangierte Fotos) wurden von Anna Seweryn angefertigt.

5. Welche Art von Materialien sind auf der Website zu finden?

Die Website enthält Lernstoffe zur lateinischen, polnischen sowie deutschen Paläographie. Ruthenische und russische Paläographie sind nicht im Projekt enthalten (obwohl auf die entsprechende Fachliteratur hingewiesen wird). Der Grund dafür waren vor allem technische Schwierigkeiten – unsere Tastaturen sind nicht auf das kyrillische Alphabet ausgelegt. Zudem gibt es in unserem Archiv aus verständlichen Gründen nur vergleichsweise wenige Materialien in diesen Sprachen.

6. Wie bereiten wir unsere Materialien auf?

Bei der Wahl der Materialien ging es uns darum, möglichst vielfältige Texte aus verschiedenen Epochen und mit unterschiedlichen Schriftarten auszusuchen. Weitere Bedingungen waren der Zustand und das Format der Originalurkunden, da diese unmittelbaren Einfluss auf die Qualität der Scans und somit auf die Präsentation der Materialien haben.
Bei den Aufgaben haben wir nur Ausschnitte aus den ausgewählten Urkunden verwendet. Dies war notwendig, um die Website benutzerfreundlich zu gestalten – ein Prinzip, das uns besonders wichtig war. Hätten wir vollständige Scans der Urkunden verwendet, wäre die Navigation innerhalb der Texte deutlich erschwert. Die hierin verwendeten Urkunden sind nämlich im Original häufig mehrere Dutzend Zentimeter breit!
Die Scans der zu entziffernden Texte wurden grafisch bearbeitet, d. h. neu zugeschnitten, geschärft und von Flecken und Verfärbungen befreit. Nur einige Bilder, die wir für die „Wortspiele“ verwendet haben, wurden weitergehend bearbeitet.

7. Gab es Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Projekts?

Die schwierigste Aufgabe, vor die wir uns gestellt sahen, war die Festlegung der Regeln der Transkription. Grundsätzlich basieren unsere Regeln auf den Leitlinien, die im Verlagswesen bei der Redaktion von historischen Quellen Anwendung finden. Doch es erwies sich als unmöglich, all diese Leitlinien direkt zu übernehmen, da sie zur Vorbereitung historischer Urkunden für die Herausgabe dienen und sich deshalb hauptsächlich um ihren Inhalt drehen. Uns interessiert jedoch vor allem die Art und Weise, wie die Urkunde verfasst wurde. Daher haben wir u. a. die Regel eingeführt, dass selbst offensichtliche Fehler der Schreiber in der Transkription nicht korrigiert werden dürfen. Zudem stellen wir auf der Website Urkunden in verschiedenen Sprachen und aus verschiedenen Epochen zur Verfügung, vom Mittelalter bis fast zur Moderne. Über diese lange Zeitspanne hinweg hat sich die Schreibpraxis verändert, neue Regeln wurden eingeführt, neue Phänomene tauchten auf, während die alten verschwanden. Es wäre sehr schwierig, Regeln aufzusetzen, die all diese Veränderungen mit einbeziehen würden, ohne eine ausführliche Bedienungsanleitung erstellen zu müssen. Daher haben wir die Regeln der Transkription möglichst vereinfacht und führen die wichtigsten davon bei jeder Aufgabe einzeln auf.

8. Wieso gehen wir ein derart ernstes Thema spielerisch an?

Geschichte setzt sich nicht nur aus Ereignissen und Prozessen zusammen, die unsere gesamte Welt beeinflussten. Sie besteht auch aus dem Alltag einfacher Menschen wie wir selbst, Menschen, die uns nach Jahrhunderten immer noch von ihren Werken aus zulächeln. Deshalb haben wir in unseren Wortspielen u. a. alte Schreiber wieder aufleben lassen (ihre Bildnisse stammen ebenfalls aus unserem Archivgut), Puzzles, Kreuzworträtsel u. v. m. erstellt. Um zu beweisen, dass diese Idee und Herangehensweise nicht ausschließlich unsere eigene ist, stellen wir dieses Bild vor, mit dem ein Stadtschreiber der Stadt Lemberg im 17. Jahrhundert eins seiner Bücher schmückte:


Nationalarchiv Krakau, Varia – Sammlung unvollständiger Bestände, Sign. 29/32/17/28 (bearbeitet)

 

9. Wie geht es weiter?

Wir möchten die Website weiter ausbauen und neue Aufgaben und Spiele hinzufügen. Wir hoffen, dass immer mehr Nutzer unsere Website immer regelmäßiger besuchen werden, da es im Internet (insbesondere im Hinblick auf polnische Seiten) nur wenige Möglichkeiten gibt, alte Schreibschrift entziffern zu lernen. Unser Archiv ist wie eine bodenlose Schatztruhe – lassen Sie sich überraschen!

Wir wünschen Ihnen viel Spaß am Entziffern der alten Schreibschrift und anschließend ein gut geübtes Auge! Falls Sie Fragen bezüglich unseres (hoffentlich) gemeinsamen Hobbys haben, schreiben Sie uns – wir freuen uns über jede Nachricht!

Anna Sokół und Aldona Warzecha, Projektautorinnen